Die Arbeitsbedingungen haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. Schwerstkörperliche Arbeiten werden schon lange durch Maschinen und die eintönigen durch Rechner ausgeführt. Gleichzeitig ist das Risiko, einen Arbeitsunfall zu erleiden, in Deutschland so gering wie nie. Durch die hohe Nachfrage nach qualifiziertem Personal ist es unwahrscheinlicher geworden, den Job zu verlieren. Arbeitgeber suchen händeringend nach Fachkräften und locken mit großzügigen Versprechungen. Demzufolge müsste der Stress im Job der Vergangenheit angehören. Leider ist das Gegenteil der Fall.
Wie der Stress im Job sich auf Geist und Körper auswirkt und was Du dagegen tun kannst.
Stress im Job: Die Zahl der Krankentage ist gestiegen
Durch die Krankenkassen werden regelmäßig Berichte veröffentlicht, die einen Anstieg der stressbedingten Erkrankungen und Ausfälle durch Stress im Job verzeichnen. Aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Fraktion der Linken im Bundestag geht hervor, dass sich die Zahl der Krankentage wegen psychischer Probleme innerhalb von zehn Jahren verdoppelt hat. Waren es im Jahr 2007 noch 48 Millionen, so stieg die Zahl auf 107 Millionen im Jahr 2017. Hinter Muskel- und Skeletterkrankungen sind seelische Leiden mittlerweile der zweithäufigste Grund für Fehltage. Der Stress im Job verursacht auch einen wirtschaftlichen Schaden. Die Kosten für krankheitsbedingte Ausfälle belaufen sich derzeit (2019) auf 33,9 Milliarden Euro.
Stress im Job ist mittlerweile mit Abstand die häufigste Ursache für vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben.
Die Ursachen für Stresserkrankungen sind vielfältig und abhängig von der persönlichen Veranlagung. Grob lassen sich folgende Faktoren als Auslöser und Begünstiger definieren:
- Leistungsdruck
- Überstunden
- Wechselschichten
- fehlende Erholung.
Psychologen sehen den andauernden Stresszustand im Arbeitsleben als das Hauptproblem. Biologisch gesehen ist der Stresszustand für den Körper als Abwehrreaktion in Notfällen gedacht. Die heutige Belastung und der andauernde Stress im Job sind alltäglich geworden und dafür ist der Mensch nicht gemacht. Zu viele Aufgaben müssen in kürzester Zeit erledigt werden, es wird von Deadline zu Deadline und von Termin zu Termin gehetzt. Multitasking wird in vielen Unternehmen und Branchen vorausgesetzt, ohne sich über die negativen Folgen Gedanken zu machen. Unter Stress reagiert der menschliche Körper mit der Ausschüttung von Hormonen wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Das Letztere kann zu ernsthaften Erkrankungen führen. Durch Dauerbelastung und ausbleibende Erholung wird das Immunsystem geschwächt. Somit steigt das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle sowie Depressionen.
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Stress im Job: „Stress related mental disorders“
Wen man im Job ausgebrannt und erschöpft ist, spricht man vom Burnout. Doch, was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff? Burnout ist in Deutschland keine anerkannte Krankheit, die mit Herz- und Kreislaufproblemen oder einer Depression zu vergleichen ist. Wer jedoch nicht offiziell krank ist, bekommt keine Therapie. Keine guten Aussichten könnte man meinen. Der Arzt hat trotzdem die Möglichkeit, Burnout zu diagnostizieren. Die Diagnose lautet dann: Erschöpfung infolge der arbeitsbedingten Überlastung. Diese ist im ICD-10 (Klassifikation der Krankheiten) als Zusatzdiagnose Z73 verzeichnet. Dieses steht für „Probleme bei der Lebensbewältigung“ und umfasst körperliche und psychische Belastungen, Erschöpfungszustände und Mangel an Freizeit.
Bei Stress im Job wird der Arzt in den seltensten Fällen nur eine Zusatzdiagnose stellen, sondern eine andere Hauptdiagnose ergänzen. Die Ärzte diagnostizieren in über 80 Prozent der Fälle eine Erschöpfung zusammen mit anderen Erkrankungen zusammen:
- Depressionen
- Angstzustände
- Bluthochdruck
- Tinnitus
- Rückenschmerzen.
Im Jahr 1974 wurde der Begriff Burnout durch den Psychoanalytiker Herbert Freudenberger geprägt. Im Zuge seiner Arbeit fiel ihm auf, dass vor allem Beschäftigte in helfenden Berufen wie z. B. in der Pflege krankheitsbedingt ausfielen und sich in psychischer Behandlung befanden. Demzufolge war der Stress im Job in diesen Berufen besonders hoch, was daran lag, dass dort eine enorm hohe Belastung, verbunden mit einem entsprechendem persönlichen Einsatz, herrschte. Burnout wurde 1960 durch den Roman A Burnt-Out Case von Graham Greene populär.
Neben dem Aufsatz von Herbert Freudenberger erschienen ab 1976 erste wissenschaftliche Artikel zu diesem Thema. Sozialpsychologin Christina Maslach (University of California, Berkeley) beschreibt das Burnout-Syndrom als Reaktion auf chronischen Stress im Job. Bis heute haben sich verschiedene Begriffe etabliert, von denen die „Erschöpfungs-Depression“ am meisten zutreffen sollte. In anderen Ländern, wie z. B. Schweden, spricht man von stress related mental disorders (stressbedingte psychische Erkrankungen) die dort als Krankheiten anerkannt sind.
Überstunden sind ein Teil des Problems
Schnell noch die E-Mail beantworten und danach fix das letzte Telefonat des Tages führen. Aber dann … dann ist wirklich Feierabend … Doch dann werden im Zug weiter dienstliche Mails beantwortet und zu Hause Telefongespräche erledigt. So geht es in vielen deutschen Unternehmen zu. Viele Arbeitnehmer verbringen heute mehr als fünf Stunden der Freizeit im Job. Eine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit wird immer mehr ausgehöhlt. Stress im Job ist die Folge.
Das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) hat in Zusammenarbeit mit dem Karrierenetzwerk Xing eine Studie mit dem Namen „Arbeiten in Deutschland“ durchgeführt.
Die Ergebnisse der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Mehr als jeder siebte Arbeitnehmer gab an, berufliche Aufgaben im Umfang von zehn und mehr Stunden wöchentlich in seiner Freizeit zu erledigen.
- Etwa 62 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Aufgaben für den Arbeitgeber in der Freizeit ausüben.
- Ca. 21 Prozent der Arbeitnehmer verbringen wöchentlich 2 Stunden zusätzlich in der Arbeit.
Die Autoren der Studie schreiben, dass „der Befund ein Schlaglicht auf Veränderungen in der Arbeitswelt wirft. Mit diesen Veränderungen kann das jetzige Arbeitsrecht kaum Schritt halten.“ Das Arbeitszeitgesetz geht davon aus, dass die Arbeitszeit zu messen und zu erfassen ist. Wird jedoch die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit aufgeweicht, lässt sich eine Arbeitszeitüberschreitung wesentlich schwerer nachvollziehen.
Hinzufügen ist auch, dass immer mehr Arbeitnehmer freiwillig Aufgaben außerhab der regulären Arbeitszeit übernehmen und somit selbstverschuldet den Stress im Job verursachen. Dank flexibler Arbeitsmethoden wie Home-Office lässt sich heute bequem und ohne Ortsanwesenheit arbeiten. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit endgültig verschwindet. Die Tatsache, dass Überstunden und die gesundheitliche Belastung des Arbeitnehmers ein gravierendes Problem sind, wird von vielen Unternehmen nach wie vor ignoriert.
Stress im Job: Sieben Tipps zur Stressbewältigung
Damit ein Burnout gar nicht erst entstehen kann, sollte man rechtzeitig auf Warnsignale des Körpers achten und richtig mit dem Stress im Job umgehen. Habe ich noch Freude im Leben? Macht mir die Arbeit überhaupt noch Spaß? Habe ich noch ein Sozialleben? Das sind nur einige Fragen, die sich jeder stellen sollte. Lautet die Antwort bei allen drei Fragen Nein, dann besteht höchster Handlungsbedarf.
Mit den nachfolgenden Tipps reduzierst Du den Stress im Job und beugst somit einem Burnout vor.
1. Sich selbst kennen
In welchen Situationen steigt bei Dir der Stresspegel am meisten? Sorgen bestimmte Situationen dafür, dass Du am liebsten aus der Haut fahren würdest? Sind es cholerische Kollegen oder ist es der Chef? Ist es nur eine einzige Person? Wenn Du diese Fragen beantworten kannst, hast Du schon die Stressquelle detektiert. Jetzt kannst Du Dich auf diese bestimmte Situation schon mal mental vorbereiten oder dieser aus dem Weg gehen, wenn dies möglich ist. Wichtig ist, dass Du Dich und die für Dich schlimmsten Stresstrigger kennst.
2. Raus aus der Opferrolle
Kennst Du das Framing aus NLP, dem Neurolinguistischen-Programmieren? Das Framing gibt einer bestimmten Situation einen ganz neuen Rahmen. Ein Beispiel. Du verpasst den Bus und musst zehn Minuten warten. Jetzt könntest Du Dich ärgern und darüber schimpfen, dass der Bus weg ist und Du zehn Minuten warten musst. Stattdessen könntest Du aber der Situation einen neuen Rahmen geben und Dir sagen: „Hey, der Bus ist zwar weg, aber der nächste kommt in zehn Minuten. Stattdessen könnte ich ja meine E-Mails checken oder mich für das bevorstehende Bewerbungsgespräch innerlich vorbereiten.“
3. Einen Schritt zurücktreten
Bei Stress im Job neigen viele dazu, nur noch mehr Leistung zu bringen und verbissener an eine bestimmte Aufgabe heranzutreten. Das Problem ist nur, oft übernimmt man sich und schafft am Ende sein Ziel gerade deswegen nicht. Lerne, einen Schritt zurückzuweichen, um dann zwei Schritte nach vorne zu treten. Wenn eine Aufgabe nicht dermaßen überlebensnotwendig ist, spricht doch nichts dagegen, diese erst am nächsten Tag zu erledigen. Es muss nicht alles sofort erledigt werden. Setze Dir Prioritäten und arbeite die Sachen nacheinander ab.
4. Eigene Ziele hinterfragen
Was möchtest Du im Leben? Was möchtest Du in der Karriere? Welche Ziele verfolgst Du? Ist Dein jetziger Arbeitsplatz geeignet, um diese Ziele zu erreichen? Kommt eine andere Arbeit oder ein anderes Unternehmen infrage? Bei Stress im Job musst Du eine klare und ehrliche Ursachenforschung betreiben. Wenn Du Deine Ziele in einem anderen Unternehmen oder mit weniger Arbeit erreichen kannst, dann solltest Du Dich nicht länger in der derzeitigen Arbeit quälen.
5. Öfters Pausen machen
Das kann man nicht oft genug wiederholen: Mache öfters Pausen! Sorge dafür, dass Du gar nicht erst in Überforderung kommst. Organisiere Deine Arbeitsabläufe, wie es am besten für Dich ist. Wenn es nicht anders geht und wenn Deine Arbeit eine ständige Überforderung fordert – wechsle die Arbeit oder Du wirst früher oder später zugrunde gehen. Gehe ganz bewusst aus dem Arbeitsprozess raus und denke an etwas anderes. Mache Sport und schalte dabei ab. Auch einfache Fitnessübungen in der Arbeit werden Dir helfen.
6. Auch mal Nein sagen
Gehörst Du zu den hilfsbereiten Jasagern? Springst Du immer gleich ein, wenn es irgendwo brennt? Erledigst Du Dinge für Deine Kollegen, ohne eine Gegenleistung zu fordern? Dann bist Du eine Seele von Mensch. Doch langfristig schadest Du Dir damit. Du verschenkst wertvolle Ressourcen, die Dir selbst von Nutzen wären. In dem Du immer den anderen hilfst, kommt die Hilfe für Dich bei Stress im Job zu kurz. Helfe Deinen Kollegen aber nicht immer und nicht bedingungslos. Sage auch mal Nein.
7. Seine Ruheoasen finden
Hört der Stress nicht auf, fokussiere Dich auf Orte, an denen Du Ruhe findest. Dieser Ort sollte möglichst räumlich weg von Deiner Wohnung – noch besser – von Deiner Stadt sein. Verreise in eine andere Stadt, ein anderes Land oder in die Berge. Vollziehe einen Ortswechsel und gönne Dir Ruhe. Verbringe Dein Wochenende nicht zu Hause vor dem Fernseher, sondern unternehme etwas Sinnvolles. Gehe Wandern oder mache eine Fahrradtour. Komme mit anderen Menschen ins Gespräch und erweitere Deinen Horizont.
Stress im Job – Fazit
Der Stress in der Arbeit hat viele Ursachen und kann zu ernsthaften Erkrankungen führen. Bedingt durch die Überlastung in der Arbeit, erkranken viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Laufe des Arbeitslebens und müssen ihr Leben neu ordnen. Vielen gelingt der Wiedereinstieg ins Arbeitsleben, manchen nicht. Während sich der Leistungsdruck in der Arbeit erhöht, steigt die Zahl der Krankentage. Im letzten Jahrzehnt ist dieser negative Trend immer weiter gestiegen.
Jeder kann und sollte seine Prioritäten im Arbeitsleben definieren und dafür sorgen, dass er sich nicht mit so viel Stress plagen muss. Die hier genannten Tipps sind lediglich eine grobe Übersicht über die Möglichkeiten der Stressminimierung. Letztendlich geht jeder Mensch mit dem Stress anders um und verarbeitet diesen auf unterschiedliche Art und Weise. Stelle die Arbeit nicht über Dein Leben und opfere Deine Gesundheit nicht für die Karriere. Wenn es zu viel wird, ziehe die Notbremse.
Lebe nicht, um zu arbeiten, arbeite um zu leben.
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