Mobbing durch den Chef: Das hier ist meine Geschichte

Mobbing ist ein sehr subjektiver Begriff und jeder empfindet Mobbing anders. Auch wird Mobbing sehr oft unterschiedlich ausgelegt. Fragt man zehn Arbeitnehmer:innen nach Mobbing, wird man gefühlt zehn unterschiedliche Antworten bekommen. Was der eine als Schikane und Mobbing empfindet, darüber wird ein anderer nur müde lächeln. Es ist auch immer eine Sache der persönlichen Präferenz und vor allem Resilienz. Auch mich haben die Jahre im Wachgewerbe geprägt und ein Stück resilienter gemacht, sodass ich heute das Mobbing durch den Chef anders wahrnehme und anders damit umgehe. Es ist nicht so, dass das Mobbing durch den Chef einfach so an mir abprallt, aber ich habe durch die Jahre wirksame und erprobte Methoden entwickelt, wie ich dem Mobbing in seiner frühen Entstehungsphase erfolgreich entgegenwirken kann. Sei es, dass es um mich selbst oder ein/e Kolleg:in handelt. Welche Methoden das sind, das erfährst Du nachfolgend in diesem Blogartikel. Hier ist meine Geschichte von Mobbing durch den Chef im Jahr 2012.

Mobbing durch den Chef: Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

Mobbing am Arbeitsplatz bezeichnet systematische, feindselige Handlungen oder Verhaltensweisen einer oder mehrerer Personen gegenüber einem Kollegen oder einer Kollegin. Diese Handlungen zielen darauf ab, die betroffene Person zu schikanieren, zu demütigen oder auszugrenzen. Mobbing am Arbeitsplatz kann erheblichen Stress und gesundheitliche Probleme verursachen und die Arbeitsleistung sowie das Arbeitsklima stark beeinträchtigen. Beim Mobbing durch den Chef spricht man auch von „Bossing“.

Merkmale von Mobbing am Arbeitsplatz

  • Systematik und Dauer: Mobbing ist kein einmaliger Vorfall, sondern besteht aus wiederholten Angriffen über einen längeren Zeitraum.

  • Absichtlichkeit: Die Handlungen sind oft absichtlich und zielen darauf ab, die betroffene Person zu schädigen.

  • Ungleiches Machtverhältnis: Mobbing wird häufig von Personen ausgeübt, die in einer Machtposition sind, kann aber auch unter Gleichgestellten vorkommen.

Formen von Mobbing am Arbeitsplatz

  • Verbale Angriffe: Beleidigungen, abwertende Kommentare, lautes Anbrüllen oder ständige Kritik an der Arbeit.

  • Soziale Ausgrenzung: Isolation der betroffenen Person, z.B. durch Nicht-Einbeziehung in Besprechungen, Gruppenaktivitäten oder durch das Ignorieren von Anfragen.

  • Arbeitsbezogene Schikanen: Unfaire Zuweisung von Aufgaben, Entzug von Verantwortlichkeiten, absichtliche Behinderung der Arbeit, Verweigerung von Informationen oder Ressourcen.

  • Psychische Gewalt: Verbreitung von Gerüchten, Intrigen, Unterstellungen oder ständige Abwertung der Person.

  • Physische Gewalt oder Drohungen: Körperliche Angriffe oder Bedrohungen.

Auswirkungen von Mobbing am Arbeitsplatz

  • Psychische Gesundheit: Stress, Angst, Depressionen und Schlafstörungen.

  • Physische Gesundheit: Kopfschmerzen, Magenprobleme, Bluthochdruck und andere stressbedingte Erkrankungen.

  • Arbeitsleistung: Reduzierte Produktivität, häufigere Fehlzeiten, sinkende Motivation und in schweren Fällen Kündigung oder Wechsel des Arbeitsplatzes.

  • Arbeitsklima: Schlechtes Arbeitsklima, verminderte Teamarbeit, erhöhte Konflikte und geringere Mitarbeiterzufriedenheit.

Mobbing durch den Chef: Vorgeschichte

Über diese Mobbing-Geschichte habe ich im Jahr 2017, also vor gut sieben Jahren – in den ersten Monaten seit dem Start dieses Blogs – erstmal geschrieben. Damals hatte ich noch meinen YouTube-Kanal und habe parallel zu diesem Blogartikel die Geschichte vor der Kamera erzählt und hochgeladen. Das Video hatte die meisten Aufrufe und Kommentare. Diese Interaktion hat mir gezeigt, dass das Thema die Menschen bewegt. Das Mobbing durch den Chef lag damals sechs Jahre zurück. In der Zwischenzeit sind andere Herausforderungen in der Arbeit passiert, die das Ereignis von damals sogar übertroffen haben. Auch diese Geschichten werden irgendwann den Weg aufs Papier bzw. das Office-Programm finden. Heute, nach 12 Jahren seit diesem Mobbing-Ereignis, schreibe ich das Geschehen aus einer zeitlich distanzierterer Perspektive. Es ist eine erweiterte Neuauflage des Blogartikels aus 2017. Legen wir los.

Im Sommer 2009 habe ich bei einem global tätigen Sicherheitsunternehmen in München angefangen und wurde bei einem renommierten Kunden aus der Industrie eingesetzt. Zunächst war ich als Empfangsmitarbeiter auf einem Büroobjekt tätig. An diesem Objekt war ich in 12-Stunden-Schichten tagsüber alleine am Empfang und weitestgehend mein eigener Chef. Die Zusammenarbeit mit den Angestellten des Kunden – die überwiegend im IT-Sektor tätig waren – war sehr gut, es herrschte eine lockere Atmosphäre. Es waren viele IT-Spezialisten aus dem Ausland da und ich hatte große Mühe, mich in meinem damals grottenschlechten Englisch zu verständigen. Diese Erfahrung gab mir den nötigen Tritt in den Hintern, in den nächsten Jahren ordentlich Englisch zu lernen. Nach drei Monaten wurde dieser Empfang durch den Kunden wegrationalisiert, die deutsche und europäische Wirtschaft befand sich im Poststadium der globalen Finanzkrise 2007 – 2008, ausgelöst durch die Subprime-Krise in den USA.

Mein Arbeitgeber fand schnell eine Lösung und setzte mich auf einem anderen Objekt ein. Es war ein modernes und imposantes Gebäude, aber auch mit mehr Aufgaben und größerer Verantwortung. Fortan würde ich nicht mehr alleine, sondern im Team arbeiten. Auf dem neuen Objekt wurde sogar noch mehr Englisch gesprochen, sodass eine große Herausforderung vor mir lag. Dennoch freute ich mich auf die neuen Aufgaben. Der Start verlief ziemlich holprig, denn ich wurde in den Herbst- und Wintermonaten als Stehposten im Außenbereich eingesetzt. Das kalte und nasse Wetter sowie die stehende Tätigkeit in 12-Stunden-Schichten machten mir im Dezember 2009 und Januar 2010 ordentlich zu schaffen. Ich weiß selbst nicht wie, aber irgendwie habe ich es überlebt. Ab Februar wurde ich nicht mehr im Außenbereich eingesetzt, sondern als Disponent der Notruf- und Serviceleitstelle geschult. Die Schulung beim Kunden erstreckte sich über mehrere Wochen und machte großen Spaß. Ab März war ich dann offiziell Disponent der NSL und arbeitete auch als Schichtleiter. Es war damals eine anspruchsvolle Tätigkeit und sowohl damals als auch heute ist der Abschluss zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit, zur Geprüften Schutz- und Sicherheitskraft (GSSK) oder als IHK-geprüfte Werkschutzfachkraft die Mindestvoraussetzung. Zusätzlich war dort der mehrwöchige Lehrgang beim Kunden mit abschließender theoretischer und praktischer Prüfung unabdingbar, um die Stelle besetzen zu können.

Relativ gute Englischkenntnisse, fundierte Computerkenntnise sowie Kenntnise der Sicherheitstechnik – von der Einbruchmeldeanlage, über die Brandmeldeanlage bis zur Videoüberwachung. Vom Kunden wurden wir jährlich in fachspezifischen Bereichen geschult. Die Tätigkeit in der NSL hatte einen relativ hohen Spezialisierungsgrad und als Disponent konnte man nicht einfach so ersetzt werden. Erst musste eine neue Fachkraft rekrutiert und anschließend über mehrere Wochen ausgebildet werden. Ich sah mich auf diesem Objekt fest im Sattel und machte mir wenig Sorgen um die Zukunft. Die Marktgröße meines Arbeitgebers und auch des Kunden gab mir ein zusätzliches Gefühl von Sicherheit. Wir als Team hatten ein gutes kollegiales Miteinander und ein gutes Verhältnis zu unserem damaligen Bereichsleiter und seinem Stellvertreter. Der Krankenstand auf dem Objekt war verschwindend gering und es kam sehr selten vor, dass man aufgrund von Krankheit einspringen musste. Hin und wieder gab es Unstimmigkeiten und sogar erhebliche Probleme mit Nachunternehmern, aber insgesamt habe ich mich mit meinem Arbeitgeber und dem Kunden identifiziert.

Kommende Ausschreibung und neuer Bereichsleiter

Ende 2011 sprach sich die bevorstehende Ausschreibung herum. Es wurde unter den Kolleg:innen viel darüber diskutiert, und es gab zunehmend Hinweise darauf, dass unsere Firma Schwierigkeiten haben könnte, den Auftrag zu behalten. Als erste Maßnahme wurde Anfang 2012 ein neuer Bereichsleiter in unserem Bereich eingesetzt, der als Prokurist weitreichende Vollmachten besaß. Der Wechsel an der Bereichsspitze erfolgte ohne eine persönliche Vorstellung vor Ort, und wir Mitarbeiter wurden lediglich per E-Mail darüber informiert. Erst nach gut zwei Monaten sahen wir den neuen Bereichsleiter persönlich: ein zierlicher Herr um die fünfzig, sehr ruhig und zurückhaltend, fast schon ambitionslos. Auf mich wirkte er nicht wie eine Führungskraft, sondern eher wie ein Verwalter. Später erfuhren wir, dass dies genau seine Aufgabe seitens des Unternehmens war. Sollte es zu einem Auftragsverlust kommen, wäre seine Aufgabe gewesen, die nicht mehr profitablen Bereiche abzuwickeln. Währenddessen rückte die Ausschreibung immer näher.

Eines Tages berief der Bereichsleiter eine Besprechung mit den Disponenten ein, um die Qualität der Dienstausführung zu verbessern. Ziel war es, im Rahmen einer Ausschreibung dem Kunden zu zeigen, dass die Qualitätsstandards erhöht werden. Als mein Kollege nach seiner fachlichen Einschätzung zur Dienstausführung im Veranstaltungsschutz gefragt wurde, konnte er wenig Positives berichten. Der Veranstaltungsschutz war über Jahre hinweg von Nachunternehmern vernachlässigt worden, was immer wieder zu Kritik führte. Doch der Bereichsleiter wollte davon nichts wissen. Er reagierte gereizt und ließ keine Kritik zu. Kurz darauf erfuhren wir, dass er sich mit seinem langjährigen Stellvertreter zerstritten hatte und ihn loswerden wollte. Der Stellvertreter war der Erste, der das Mobbing durch den Chef erlebte.

Die Konfrontation und Eskalation

Einige Wochen später erfuhren wir, dass unser Arbeitgeber den Auftrag größtenteils verloren hatte. Dadurch breitete sich eine Missstimmung aus, und einige Kollegen begannen, sich bei anderen Firmen zu bewerben. Ich entschied mich, zunächst abzuwarten. Im Juli 2012 war mein Urlaub im August bereits geplant und genehmigt. Zehn Tage vor meinem Urlaub bat mich der Bereichsleiter zu einem Gespräch. Auch der Objektleiter, mit dem ich jahrelang zusammengearbeitet hatte, war anwesend. Überrascht vom Zeitpunkt des Gesprächs setzte ich mich zu den beiden. Der Bereichsleiter begann das Gespräch zunächst unverfänglich. Er informierte mich über den Auftragsverlust und die Konsequenzen für den gesamten Bereich. Dann kam er direkt zur Sache:

„Wir werden Sie bald nicht mehr beschäftigen können. Ich lege Ihnen nahe, sich etwas Neues zu suchen.“

Zunächst war ich sehr irritiert. Keine Möglichkeit mehr, mich zu beschäftigen? Ich sollte mir etwas Neues suchen? Nachdem ich mich etwas gesammelt hatte, versuchte ich, rational zu argumentieren. Ich wies darauf hin, dass meine Arbeitsstelle nicht vom Auftragsverlust betroffen war und betonte ausdrücklich meine Ausbildung und die Spezialisierung meiner Position. Doch das gefiel dem Prokuristen überhaupt nicht. Er wurde zunehmend unfreundlicher und fordernder, und beharrte darauf, dass ich selbst kündigen sollte. Ich erklärte, dass ich keinen Grund sehe, selbst zu kündigen. Daraufhin versuchte er, mir die Kündigung mit dem Versprechen eines „hervorragenden“ Arbeitszeugnisses schmackhaft zu machen. Ich blieb jedoch freundlich, aber bestimmt in meiner Haltung.

Als alle bisherigen Versuche gescheitert waren, griff er zu einer perfiden Taktik. Er sagte:

„Der Kunde hat sich über Ihre Arbeitsweise beschwert.“

Ich wusste sofort, dass diese Behauptung nicht stimmen konnte. Seit drei Jahren arbeitete ich in einer verantwortungsvollen Position beim Kunden und hatte täglich Kontakt mit ihm, im Gegensatz zum Prokuristen. Sowohl meine Kolleg:innen als auch ich hatten über Jahre hinweg immer wieder Lob für unsere gute Arbeit erhalten, und ich hatte sogar schriftliche Belege dafür. Es war klar, dass dies nur ein Versuch war, mich zu verunsichern.

Also konterte ich und stellte direkte Fragen:

„Wer hat sich namentlich über meine Arbeitsweise beschwert?“

„Über welchen konkreten Sachverhalt hat sich die Person beschwert?“

„Wann hat sich die Person beschwert?“

Der Prokurist konnte keine klaren Antworten geben und geriet ins Stocken. Offenbar hatte er sich nicht gründlich auf das Gespräch vorbereitet. Während ich zu Beginn des Gesprächs noch schockiert war, zeigte ich jetzt Entschlossenheit. Das Mobbing durch den Chef würde nicht so einfach durchgehen. Als der Prokurist keine weiteren Argumente mehr fand, versuchte er es mit einer Drohung.

Er sagte schließlich:

„Wenn Sie nicht selbst kündigen, dann werde ich Gründe finden, Sie loszuwerden.“

Damit überschritt er eine rote Linie, und diese Aussage war sogar strafrechtlich relevant. Für mich war das eindeutig offenes Mobbing durch den Chef. Ich ließ mir das nicht gefallen, brach das Gespräch ab und verließ den Raum.

Papiertiger Betriebsrat und das Ende

Nach dem Gespräch musste ich mich erst einmal sammeln. Ich schrieb den Gesprächsverlauf sinngemäß auf und begann eine ausführliche Beschwerde zu verfassen, was mich in den nächsten Tagen vollständig in Anspruch nahm. Einige Tage vor meinem Urlaub reichte ich meine Beschwerde beim Betriebsrat ein. Die Beschwerde umfasste zwei Seiten und dokumentierte den gesamten Gesprächsverlauf sowie das gnadenlose Mobbing durch den Chef. Da mich niemand aus dem Betriebsrat persönlich kannte, fügte ich alle verfügbaren Referenzen der letzten Jahre bei, um meine ordentliche und langjährige Arbeit beim Kunden zu belegen. Implizit wollte ich klären, ob solches Mobbing durch den Chef eine angemessene Art ist, mit langjährigen Mitarbeitern umzugehen. Schließlich arbeite ich bei einem Unternehmen nicht nur für meinen persönlichen Wohlstand, sondern erbringe auch einen Mehrwert für das Unternehmen.

Die Betriebsratsvorsitzende antwortete prompt, wollte aber einen persönlichen Termin erst nach meinem Urlaub vereinbaren, also in etwa drei Wochen. Das konnte ich keinesfalls akzeptieren, da es um meine Existenz ging. In der Zwischenzeit wurde mein Dienstplaner angewiesen, mich für den Monat August komplett aus dem Dienstplan zu streichen.

Obwohl ich eine E-Mail mit dem Dienstplan für den nächsten Monat erhielt, war die Zeile mit meinem Namen vollständig geschwärzt. Diese Symbolik zeigte das fortwährende Mobbing durch den Chef. Zum Glück hatte ich keine Flüge oder Hotels für den Urlaub gebucht, doch bevor ich den Urlaub antrat und Geld ausgab, wollte ich den Sachverhalt klären. Also wies ich freundlich auf die Dringlichkeit des Falles hin und fügte den geschwärzten Dienstplan anbei. Tatsächlich bekam ich am nächsten Tag noch einen Termin beim Betriebsrat. Die Betriebsratsvorsitzende begrüßte mich in ihrem Büro, war guter Stimmung und scherzte herum, obwohl mir gar nicht nach Scherzen zumute war.

Schnell ging ich zum Kernthema über. Ich musste nicht viel sagen, da ich alle Fakten bereits mehrfach und ausführlich dokumentiert hatte. Also wollte ich wissen, wie der Betriebsrat in dieser Situation vorgehen würde. Die Vorfälle enthielten strafrechtliche Tatbestandsmerkmale, und der Arbeitgeber hatte allein aus seiner Fürsorgepflicht heraus zu handeln, ganz zu schweigen vom Erhalt der gesunden Unternehmenskultur. Doch die Betriebsratsvorsitzende zeigte sich wenig beeindruckt. Sie sagte nur, dass sie sich beim Bereichsleiter für mich einsetzen würde. Was auch immer das heißen sollte, begriff ich, dass hier keine wirkliche Hilfe zu erwarten war. Was ein Krisentermin mit klarer Zielvereinbarung hätte sein sollen, endete in einem formlosen zehnminütigen Gespräch. Tatsächlich erhielt ich in ein paar Tagen einen korrigierten Dienstplan für die Zeit nach meinem Urlaub, was mich etwas beruhigte und mir ermöglichte, meinen Urlaub entspannter anzutreten.

Als ich zurück aus dem Urlaub war, wurde ich von der Rechtsabteilung des Unternehmens kontaktiert. Man bot mir einen Deal an: eine betriebsbedingte Kündigung mit einer Abfindungszahlung von 5200 Euro. Es wurde kein Druck mehr ausgeübt, und das Mobbing durch den Chef hörte auf. Ich überlegte sorgfältig und entschied mich schließlich für die Kündigung und die Abfindungszahlung. Es war in diesem Moment die beste Entscheidung für mich. Ich hätte weiterkämpfen können, doch dann wäre das Mobbing weitergegangen. Irgendwann wäre ich sowieso gegangen, aber dann ohne das Geld.

Das würde ich heute tun

Mit den Jahren und durch die zahlreichen negativen Erfahrungen mit Unternehmen aus dem Sicherheitsgewerbe, habe auch ich dazugelernt und meine eigenen Taktiken und Methoden entwickelt, um mit Mobbing und Ungleichbehandlung umzugehen. Ein solches Mobbing durch den Chef wie ich es im Jahr 2012 erlebt habe, erlebt man nicht jeden Tag und es ist durchaus eine Ausnahmesituation. Ich habe aber einige Lehren daraus gezogen und kann mich heute ganz anders wehren. Zunächst einmal ist es wichtig, dass man sich überhaupt wehrt. Viele Kolleg:innen werden vom Mobbing durch den Chef kalt erwischt oder gar eingeschüchtert. Sie warten lieber ab und versuchen die Situation abzusitzen. Bei obligatorischen Meinungsverschiedenheiten kann man durchaus auch mal selbst einen Gang herunterschalten und nicht immer auf seinem Recht pochen. Man kann und sollte sich auch mal zurückhalten. Bei schwerwiegendem Mobbing aber, bei dem auch noch Straftaten wie Nötigung oder Bedrohung im Spiel sind, da hilft keine Zurückhaltung.

Über die vielen Jahre habe ich immer wieder das gleiche Muster bei Vorgesetzten beobachten können. Fällt ein Mitarbeiter in Ungnade, wird durch den Arbeitgeber ein negatives Narrativ über den Arbeitnehmer aufgebaut. Prompt wird unter den anderen Kolleg:innen erzählt, wie schlecht doch der Mitarbeiter ist und schon die ganze Zeit gewesen ist und dass die Firma über viele Monate und Jahre so viel Geduld mit ihm hatte. Und jetzt musste man eben handeln und diesen „Querulanten“ kündigen. So wird das Mobbing durch den Chef als vermeintlicher Schutz des Unternehmens und des gesamten Teams romantisiert. Eine typische Propaganda. Im Jahr 2015 habe ich es bei einem anderen Arbeitgeber erlebt, dass ein langjähriger und guter Objektleiter gekündigt hat. Der Kollege war eine sehr gute Führungskraft und hatte über viele Jahre hervorragende Arbeit geleistet. Irgendwann hatte er eine bessere Stelle gefunden und gekündigt. Bis zum letzten Tag hatte er gearbeitet und seine Stelle ordnungsgemäß übergeben. Er wollte sich im Guten von der Firma trennen.

Dem ehemaligen Personalchef passte es nicht, dass der Kollege eine neue Stelle hatte und nach seinem Ausscheiden bewarf er ihn mit Dreck. In der ganzen Firma behauptete er, dass man ihn hinausgeschmissen hätte. Was natürlich gelogen war. Erst als einige Mitarbeiter:innen diesen dreisten Lügen widersprochen und die Sache richtig gestellt hatten, hörte die üble Nachrede auf. Der Kollege konnte sich natürlich nicht mehr wehren, da er nicht mehr in der Firma war. Was also tun, wenn man durch das Mobbing durch den Chef betroffen ist? Meine Methode ist, zum Gegenangriff überzugehen. Sich der Propaganda der Gegenseite entgegenzustellen. Sich nicht auf den Betriebsrat zu verlassen, sondern alle relevanten Stellen zu alarmieren, auf sich und die Situation aufmerksam zu machen. Wenn der Bereichsleiter mobbt, dann schreibe ich E-Mails und Briefe an den nächsthöheren Vorgesetzten und wende mich, wenn es sein muss, an die Geschäftsführung. Wenn der Vorgesetzte behauptet, der Kunde hätte sich über mich beschwert oder der Kunde möchte mich nicht mehr haben, dann wende ich mich an den Kunden. So bringe ich den Mobber in Bedrängnis und lasse ihm seine Lügen nicht durchgehen.

Es gibt eine Anekdote dazu. Diebe kommen überwiegend nachts. Wie stoppt man am besten einen Dieb? Ganz einfach, in dem man das Licht anmacht. Dann ist er nicht mehr im Schutz der Dunkelheit. Genauso ist es beim Mobbing durch den Chef. Wenn dieser unwahre Behauptungen über Dich verbreitet, dann verbreite Du selbst eine wirkungsvolle Gegenrede und lasse alle Kolleg:innen, Führungskräfte und den Kunden wissen, dass Dein Chef lügt. So spuckst Du ihm gewaltig in die Suppe.

Mobbing durch den Chef – Fazit

Mobbing ist immer ein komplexes und kontroverses Thema. Es gibt unzählige Geschichten, die sich ähnlich abgespielt haben, und dennoch gibt es keine Universalantwort darauf, wie man mit Mobbing oder Mobbing durch Vorgesetzte umgehen sollte. Manche kämpfen bis zum bitteren Ende, andere geben sofort auf, und viele schließen einen Kompromiss. Ich habe schnell eine neue Stelle gefunden, sodass ein Festhalten an meinem alten Arbeitgeber wenig Sinn ergeben hätte. Doch diese Geschichte endet nicht mit meinem Ausscheiden aus dem Unternehmen, sondern erst einige Jahre später.

Der Mobber hatte ursprünglich den Auftrag, den Bereich nach der verlorenen Ausschreibung zu „säubern“ und möglichst viele Mitarbeiter dazu zu bringen, selbst zu kündigen, um dem Unternehmen Abfindungszahlungen zu ersparen. Doch der Prokurist erfüllte diese Aufgabe nicht zur Zufriedenheit des Unternehmens. Kein Mitarbeiter kündigte von selbst, viele klagten vor dem Arbeitsgericht, und das Unternehmen musste hohe Abfindungssummen zahlen. Von meinen Kontakten beim ehemaligen Arbeitgeber erfuhr ich, dass der Prokurist schließlich selbst aus dem Bereich und seiner Position entfernt wurde. Im öffentlich zugänglichen Register konnte ich sehen, dass ihm die Prokura entzogen wurde. Der Aufräumer und Mobber wurde am Ende selbst weggemobbt.

Sladjan Lazic

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