Mobbing am Arbeitsplatz, in der Schule, im Netz. Findet das Mobbing im Internet statt, spricht man vom Cyber-Mobbing. Mobbing findet vielfältig statt und hat viele Facetten. Nicht immer lässt sich das Mobbing klar erkennen. Viele Opfer werden stigmatisiert und ebenso viele trauen sich nicht, über das Mobbing zu sprechen. Man könnte schnell als Weichling gelten. Aus diesem Grund schweigen viele und tragen die Folgen des Mobbings mit sich. Sie bleiben mit ihrem Problem alleine und finden keinen Ausweg. Für viele bedeutet dies eine enorme Einschränkung der Lebensqualität und für einige sogar das schlimmste – Selbstmord.
Doch bevor ich auf die Erkennungs- und Vorbeugemaßnahmen eingehe, erstmal die Frage, was ist Mobbing überhaupt?
Nach der allgemeinen Definition bedeutet Mobbing, andere Menschen, wiederholt und regelmäßig, zu schikanieren, herabwürdigen, einschüchtern und beleidigen.
Umgangssprachlich spricht man davon, dass jemand fortgesetzt geärgert, schikaniert oder in sonstiger Weise asozial behandelt und in seiner Würde verletzt wird. Geht das Mobbing vom Vorgesetzten aus, spricht man umgangssprachlich vom Bossing.
Typische Mobbinghandlungen sind:
- Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen
- Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben
- Androhung von Gewalt
- beleidigende Äußerungen aufgrund von Geschlecht, Religion, Herkunft oder Hautfarbe.
Auch die ständige und kleinliche Kritik an der Arbeit gehört dazu. Mobbing hat weit reichende negative Folgen für die Gesundheit und die Lebenssituation des Opfers.
Es führt bei Betroffenen häufig zu Verunsicherung und sozialer Isolation.
Mobbing erkennen und aus rechtlicher Sicht erklären
Mobbing am Arbeitsplatz ist in Deutschland kein strafbares Delikt. Einzelne Handlungen jedoch erfüllen rechtliche Tatbestände und können angezeigt werden. Die häufigsten Straftatbestände sind Beleidigung, Nötigung, Verleumdung und üble Nachrede.
Darüber hinaus ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dazu verpflichtet, dass strafbare Handlungen nicht geduldet und sanktioniert werden. Dies ergibt sich allein aus dem Art. 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Problematisch wird es, wenn sich über Jahre tiefe Gräben zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gebildet haben. Nicht selten treten Vorgesetzte als Mobber auf um dem „unliebsamen“ Mitarbeiter das Leben schwer zu machen und ihn aus dem Unternehmen zu drängen.
Andererseits sieht sich der Arbeitgeber als Opfer eines „unverbesserlichen Querulanten.“ Obwohl das Unternehmen stets das Beste für seine Mitarbeiter will, bringt dieser nicht die geforderte Leistung. Mehr noch, er schwimmt ständig gegen den Strom und schwächt das Team.
Hier ist es nicht immer einfach, die Opfer von Tätern zu unterscheiden. Erst wenn es zu einer konkreten Straftat kommt, kann tatsächlich von einem Täter und einem Opfer gesprochen werden. Doch soweit sollte und darf man es in keinem Fall kommen lassen.
- Wardetzki, Bärbel (Autor)
Mobbing erkennen und die Selbstwahrnehmung
Bevor man jedoch Mobbing und die einzelnen Handlungen rechtlich beurteilt, ist eine gründliche Überprüfung der eigenen Wahrnehmung erforderlich. Mobbing erkennen ist nicht immer einfach.
Dazu ein Beispiel. Person A hat einen Geldbeutel in dem sich 500 € befinden, verloren. Person B findet den Geldbeutel in der Toilette. Weil Person A bereits in Feierabend ist, hat Person B keine Möglichkeit Person A zu kontaktieren oder den Geldbeutel irgendwo zu hinterlegen.
Person B nimmt den Geldbeutel erstmal nachhause mit und gibt ihn erst am nächsten Tag zurück. Daraufhin bezichtigt Person A die Person B des Straftatbestandes der Unterschlagung und des Diebstahls.
Person A behauptet, die Person B wollte den Geldbeutel stehlen um sich für die neuerliche Beförderung von Person A zu rächen. Bei der Beförderung wurde Person B, obwohl diese deutlich länger im Betrieb ist, übergangen. Person A behauptet, Person B konnte damit nicht umgehen.
Person A behauptet weiter, Person B hätte nach der vermeintlichen Unterschlagung zuhause ein schlechtes Gewissen bekommen. Daraufhin hätte Person B es sich anders überlegt. Umgekehrt bezichtigt Person B die Person A der Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen.
Wer ist hier der Mobber und wer der Gemobbte? Kann man hier das Mobbing erkennen und klar definieren?
Sehr schwer zu beurteilen.
Mobbing erkennen und die Täter-Opfer Unterscheidung
Wäre so eine Situation zwischen zwei Menschen entstanden, die sich sehr gut verstehen, wäre der Ausgang ziemlich harmlos. Der Eigentümer des Geldbeutels hätte sich beim Finder bedankt und ihn auf einen Kaffee oder Kuchen eingeladen.
Doch wenn das persönliche Verhältnis im Vorfeld ohnehin zerrüttet ist, entstehen aufgrund solcher Missverständnisse schwerwiegende Konflikte. Beide Personen gehen von der Sach- auf die Gefühlsebene und schaukeln sich emotional hoch.
Beide Parteien reklamieren subjektiv für sich den Status des Gemobbten, so dass für einen Außenstehenden eine Beurteilung der Gesamtlage nahezu unmöglich ist. Eine Schlichtung wird schwer und belastet sowohl den Betriebsfrieden als auch die Produktivität.
Wann liegt kein Mobbing vor
Es gibt Situationen in denen jemand annimmt, es läge ein Fall von Mobbing vor, dies aber definitiv nicht so ist.
Jeder der aus der Gastronomie kommt, wird bestätigen können, dass dort ein rauer Ton herrscht. Während meiner Schulzeit habe ich mehrere Jahre in einer Küche gejobbt. Sehr in Erinnerung ist mir der Befehlston vieler Köche geblieben. Es war nicht immer so, aber zu Spitzenzeiten in der Tat.
Und dennoch hat es auch Spaß gemacht. Denn der raue Ton war ein Bestandteil des täglichen Geschäftes. Insbesondere in der Mittagszeit wenn der Ansturm sehr groß war, musste wirklich sehr schnell gearbeitet werden. Der Gast möchte sein warmes Essen auf dem Tisch haben.
Da hat man auch gar keine Zeit über irgendetwas nachzudenken. Man ist auf seine Routine fokussiert und gibt Gas. Den Befehlston der Vorgesetzten nimmt man zwar wahr, dieser wird aber nicht als solcher empfunden. Es ist vielmehr eine eindeutige Führung.
In diesem Fall liegt definitiv kein Mobbing vor. Für jemanden der sein ganzes Leben als Blumenbinder gearbeitet hat, dürfte der Ton in einer Küche schrecklich vorkommen. Dennoch kann man hier kein Mobbing erkennen da keines vorliegt.
Schutz und Prävention
Sind jedoch alle Zweifel ausgeräumt und es liegt ein klarer Fall von Mobbing vor, so darf es keine Verharmlosung geben. Jede Anfeindung seitens eines Kollegen oder Vorgesetzten ist ein Angriff auf die persönliche Integrität und die Menschenwürde.
Das muss niemand hinnehmen! Das Recht muss vor dem Unrecht nicht weichen.
Als erste Maßnahme gilt es, das Gespräch zu suchen und seine Position klar zu zeigen. Der Arbeitgeber ist hier verpflichtet zeitnah zu reagieren. Die Fürsorgepflicht verpflichtet ihn, den einzelnen Mitarbeiter vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu schützen.
Dies kann und sollte in Einzelgesprächen sowohl mit dem Opfer als auch mit dem Täter geschehen. Hier gilt es, weitere Mobbinghandlungen zu unterbinden und dem Täter eine klare Grenze zu zeigen: „Bis hier und nicht weiter.“
Als Mobbingopfer ist es sehr ratsam von Anfang an eigene ausführliche Notizen über den Mobbingverlauf zu führen. Sehr wichtig sind konkrete Vermerke über getätigte Äußerungen und Handlungen.
Ein Vermerk könnte so aussehen: „Herr XY hat am xx.xx.xxxx die Frühschicht per E-Mail über die Abgabe der Urlaubsanträge für das laufende Jahr informiert. Ich wurde im Verteiler ausgelassen. Somit hat er die wichtige Information mir gegenüber vorenthalten.“
Ganz wichtig ist hier die Benennung von Zeugen die bestimmte Ereignisse bezeugen können. Nicht alles muss vermerkt werden, aber so viel wie möglich. Denn ein Außenstehender kennt die beiden Parteien nicht persönlich und bewertet die Situation aufgrund von Fakten.
Es könnte sein, dass alle Schlichtungsversuche nicht helfen. Oder das Unternehmen reagiert nur zögerlich oder zu lasch in der Sanktionierung des Mobbers. Oder das Mobbing geht von einem Vorgesetzten oder gar der Geschäftsführung aus.
In diesem Fall wird das Problem um einiges schwieriger.
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende
Jeder Mensch hat seinen Stolz und seine Würde. Vor allem, wenn man im Recht ist und zu Unrecht attackiert und aus dem Betrieb gedrängt wird. Wenn sich das Mobbing über eine gewisse Zeit erstreckt und von höchster Ebene geleitet wird, heißt es dass man nicht mehr willkommen ist.
Hier gibt es im Grunde leider nur zwei Möglichkeiten: Entweder man geht von selbst oder wehrt sich rechtlich. Doch auch dann wird man am Ende gehen müssen. Denn selbst bei einem gewonnenen Prozess und einer erhaltenen Schadensersatzzahlung, wird das Klima nicht besser.
Man arbeitet weiter mit denselben Leuten die einen über Monate, vielleicht Jahre drangsaliert haben. Und jetzt hat der Arbeitgeber obendrauf noch ein Gerichtsurteil mit einer Schadensersatzzahlung. Da kann man sich ausmalen wie das Verhältnis in Zukunft aussehen wird.
Der bisherige Mobber wird unter diesen Umständen sicherlich nicht über Nacht zum besten Freund. Vielmehr wird er jede auch nur erdenkliche Möglichkeit nutzen um den Mitarbeiter weiter zu mobben und auszugrenzen. Diesen Kampf kann der Mitarbeiter auf lange Sicht nicht gewinnen.
Das ist die Arbeitsstelle auch nicht wert. Niemand kann von Tag zu Tag ohne jede Freude zur Arbeit gehen. Anfangs ist man vielleicht noch im „Kampfmodus“ und sagt sich, „dem Chef werde ich es schon zeigen, der kann mir nichts.“ Doch dem Chef gehört die Firma, das ist sein Lebenswerk.
Für dieses Lebenswerk wird er bis zum äußersten kämpfen. Selbstverständlich gibt es Gesetze die einen Arbeitnehmer vor Willkür schützen. Doch die Realität ist leider oft anders. Ein Gesetz ist erstmal eine auf Papier verfasste Norm. Es ist keine lebende Materie.
Gesetze können nicht jedes Lebensproblem lösen. Schon gar nicht können sie dermaßen tiefe Gräben in einem Unternehmen überwinden. Jeder sollte seinen eigenen Wert kennen und sich nach einer anderen Stelle umschauen.
Nur, den Zeitpunkt des Ausscheidens sollte man sich nicht vom Mobber vorschreiben lassen. Auch wenn man am Ende gehen muss, sollte man dies mit Würde tun und erst dann, wenn man wirklich eine bessere Stelle hat.
- Wardetzki, Bärbel (Autor)
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